Die Chronik vom Jahr 1990

Das neue Jahr war also das 65. Jubiläumsjahr.

Auf dem ersten Bordabend am 11. Januar, wurde zunächst ein Brief vom Kameraden Jarr zur Kenntnis genommen, in dem dieser einige Vorwürfe gegen den Verein sowie einzelne Mitglieder vorbrachte und seinen Rücktritt als 2. Vorsitzender ankündigte. Viele fühlten sich betroffen, mussten die Entscheidung aber akzeptieren. Zum Schluß des Bordabends zeigte Kamerad Friedrich Wilhelm Kunze den Film „Container-Riesen auf den Weltmeeren“.

Anzumerken ist auch, dass erstmals Gäste aus der DDR dabei waren, die ansonsten ihren Dienst auf der Lotsenstation der Insel Poel taten. Da seit dem 24.12.1989 auch Gegenbesuche möglich waren, wurden der Verein eingeladen. Am 13. Januar versammelten sich wieder viele Vereinsmitglieder und Gäste bei Christel und Detlef Haack, um Detlefs Geburtstag gemeinsam zu feiern. Die Haacks erwiesen sich, wie schon- so oft, als nette und fürsorgliche Gastgeber.

Mit Käse- und Mettwurstbrot begann die Jahreshauptversammlung am 8. Februar. Der Vorsitzende gab seinen Bericht und dankte allen für die Aktivitäten im Vorjahr. Besonderer Dank galt den Damen, und hier besonders der Kameradin Hilde Rohweder, die die Damengruppe jetzt leitete und die Frauen immer wieder zum gemütlichen Beisammensein motivieren konnte. Nach den Berichten des 2. Vorsitzenden und des Schriftführers, die sich beide nicht mehr zur Wiederwahl stellen wollten, veröffentlichte der Schatzmeister Soll und Haben. Die Kasse war gut gefüllt, auch dank einer Spende des verstorbenen Kameraden Dr. Stutz und dank der von einigen Mitgliedern unentgeltlich eingebrachten Arbeit. Dadurch wurden Werte geschaffen, die den Verein nicht unvermögend dastehen ließen. Die Kassenprüfer hatten dies ebenfalls festgestellt, und so konnte dem Kassenführer wie dem gesamten Vorstand Entlastung erteilt werden.

Aus dem Bericht des Vorsitzenden ging hervor, dass Thea Görges und Trude Holler beigetreten waren. Damit gab es 13 weibliche und 37 männliche Kameraden im Verein.

Da bekannt geworden war, dass die Ratsversammlung den Zuschuss zur Pflege des Patenschaft Verhältnisses mit den Landungsbooten auf Antrag der Grünen gestrichen hatte, wurde ausgiebig darüber diskutiert, wie weiterhin zu verfahren sei. Man kam zu dem Ergebnis, das der Beschluss wohl auch auf mangelnde oder falsche Information der Stadtvertreter zurückzuführen sei. Nicht der Marine-Verein wurde mit dem Zuschuss unterstützt, wie in der Presse zu lesen war, die Stadt subventionierte damit den Bürgern der Stadt die Fahrten zu den Patenschaft Einheiten nach Kiel.

Eine weitere Diskussion entspann sich um Vereinsgeschenke zu Geburtstagen. Ergebnis war, dass es keine Einheitsgeschenke geben solle, sondern die Wünsche der Beschenkten bis zu 50.-DM zu berücksichtigen seien.

Die Wahlen zum Vorstand ergaben: Vorsitzender Horst Hauke, Vertreter Paul Holler, Schatzmeister Georg Herbert, Beisitzerin und Leiterin der Damengruppe Hildegard Rohweder, Kassenprüfer Günther Kraemer und Detlef Haack, Pressewart Peter Berg.

Abschließend stellte Horst Hauke noch ein Vereinsmaskottchen vor. Es war eine von seiner Frau gearbeitete Seemannspuppe: U‘ Ratz sollte künftigen Vereinsarbeit noch mehr Glück bringen. Mit dem Schleswig-Holstein-Lied wurde der Bordabend am 8. März eröffnet. Horst Hauke gab bekannt, daß der U-Bootturm vollendet sei, und die Mitglieder freuten sich, dass von Hannes Jarr und August Böttcher Leserbriefe zu dem bereits oben erwähnten Beschluss der Ratsversammlung erschienen waren.

Die Reaktionen darauf zeigten, dass große Bevölkerungsteile die gleiche Meinung wie der Verein hatten. Wegen der bevorstehenden Kommunalwahl am 25. März beschloss man aber, zunächst Ruhe zu bewahren und auch nichts über den Bau des U-Bootes verlauten zu lassen.

Die erste offizielle Veranstaltung des Jubiläumsjahres fand auf dem St. Georgsberg statt. Nach einem Gottesdienst wurde am 11. März aller Toten der Weltkriege und der verstorbenen Kameraden des Vereins mit einer Kranzniederlegung gedacht. Ein Trompetensolo leitete die Feier ein. An ihr nahmen auch viele, nicht organisierte Marinefreunde teil und gaben der Veranstaltung einen würdigen Rahmen. Anschließend nahmen die Vereinsangehörigen im „Domblick“ gemeinsam ein Mittagessen ein.

Am 28. März wurde der U-Bootsturm vom Vorsitzenden in Begleitung der Kameraden Behrens und Brügmann nach Güster geschleppt und- dort für die letzten Restarbeiten im Vorgarten von Horst Hauke zwischengelagert. Schon während dieser Zeit fand das Objekt zahlreiche Bewunderer, und dies gab Veranlassung daran zu glauben, dass es auch an dem vorgesehenen endgültigen Ankerplatz vor dem „Domblick“ auf dem Domsee angenommen werden würde.

Das schon seit längerer Zeit vom Kameraden Brügmann fertiggestellte Manuskript zur Geschichte des Marine-Vereins wurde den Kameraden Jarr und Wiersbinski auf dem Bordabend im April zur Redaktion gegeben, weil es im Laufe des Jubiläumsjahres zur Druckreife gelangen sollte. Da das eine mühevolle Arbeit war und neben der normalen Arbeit erledigt werden musste, dauerte es- seine Zeit.

Zur Saison-Eröffnung hatte Kamerad Jarr, wie all` die Jahre zuvor, den Verein zur Rundfahrt auf dem See eingeladen. Da das Wetter noch sehr unfreundlich war, wurde die Beteiligung leider nicht sehr groß. Es wurden dem See vier Flaschen mit je einer Flaschenpost übergeben, aber nicht alle wurden an Land gefunden. An die Finder wurden kleine Geschenke verteilt.

Am 21. April beteiligten sich einige Kameraden an dem als geheime Kommandosache behandelten Herrenausflug, der diesmal zunächst nach Travemünde und von dort mit der Motoryacht „Ellen“ zur Insel Poel und weiter nach Wismar führte. Die Teilnehmer wurden von den Poeler Lotsen freundlich empfangen, bewirtet und zur Stadtbesichtigung begleitet. Es war allerdings eine Fahrt mit Hindernissen, die durch schweres Wetter behindert wurde.

Am 22. Mai erfolgte nach einigen Terminverschiebungen die Taufe des U-Bootsturmes und die Übergabe an sein Element im Domsee. Dazu hatten sich zahlreiche Zuschauer eingefunden. Die Taufpatin war Rosemarie Hauke, die Frau unseres Vorsitzenden. Der Taufspruch lautete: „Ich taufe Dich auf den Namen ‚U-Ratz‘ und wünsche Dir, dass Du vor Schaden durch Vandalismus und Umweltkatastrophen bewahrt wirst, und das auch Andersgesinnte in Dir allzeit ein friedliches Modell erkennen. Nun übergebe ich Dich Deinem Element.“ Nach dem Auf schwimmen und einem Anlegemanöver spendierte der 1. Vorsitzende sein Geburtstagsfässchen Bier, der Vereinswirt einige Flaschen Sekt, und der Verein ließ durch den Kameraden Fritzsche Grillwurst, Fleisch und Salate im Freien servieren. Da der Abend recht frisch war, verzog man sich bald ins Vereinslokal.

Am nächsten Tag wurde der U-Bootsturm 50 Meter vor dem „Domblick“ verankert und schweigte seither mit dem Wind um seine Kette. Zur Freude seiner Erbauer und als einmalige Touristenattraktion in Deutschland.

Am 11. Juni folgte ein weiterer Auftritt des Marine-Vereins in der Öffentlichkeit. Unter seiner Obhut und unter dem Vereinsnamen betreute unser Kamerad Hartmut Fritzsche einen Rennwagen beim Seifenkistenrennen und machte mit diesem Fahrzeug auf unseren Verein aufmerksam. An der Strecke war gleichzeitig unser Stand mit Vereinsemblem und Flaggenmast aufgebaut. Einige Kameraden standen ganztägig als Ansprechpartner zur Verfügung.

Auf dem Bordabend vom 14. Juni wurden U-Bootstaufe und Seifenkistenrennen eingehend erörtert. Vorgeschlagen wurde auch, Ansichtskarten des Ubootes herstellen zu lassen und zu verkaufen. Abschließend wurde an den geplanten Familienausflug erinnert, der am 16. Juni zur vollen Zufriedenheit der zehn Teilnehmer verlief.

Zum Gründungstag am 23. Juni trafen sich 30 Kameraden in Güster, dem Wohnort des Vorsitzenden, zur Gedenkfeier ‚und zu fröhlichem Beisammensein. Nach der Begrüßung gab Kamerad Brügmann einen kurzen Rückblick in die Vereinsgeschichte. Da alles im Freien, an einem weitläufigen Baggersee stattfand, das Wetter aber leider nicht sommerlich warm war, hatte der Vorsitzende ein Zelt aufgestellt, um die vorbereiteten Köstlichkeiten windgeschützt einnehmen zu können. Am 9. August gab es auf dem Bordabend eine Aussprache über die Beteiligung am unmittelbar bevorstehenden Bürgerfest. Es wurde beschlossen, den U-Bootsturm beim Umzug durch die Stadt mitzuführen.

Frisch gewaschen und über die Toppen beflaggt wurde „U Ratz“ am 18. August vor dem Gildehaus in den Umzug eingereiht, mit zwei Mann besetzt und mit dem Auto des 1. Vorsitzenden durch die Straßen der Stadt gezogen. Von vielen Schaulustigen wurde diese Darbietung bewundert, beklatscht, fotografiert und gefilmt. Es war ein gelungener Auftritt des Marine-Vereins, dessen Mitglieder sich anschließend wieder an der „blauen Back“ im Festzelt bei Rommeldeus vergnügten. Natürlich waren auch das Plakat und das neue Emblem dabei. Die Vereinsleitung hatte absichtlich keine Presseveröffentlichung über das Uboot herausgegeben. Dennoch fand sich in der Bildzeitung vom 25. Mai ein Bildbericht über den Stapellauf. Die örtliche Presse schwieg sich dagegen aus nicht bekannten Gründen aus. Ende August bat aber der Fernsehsender „Sat 1“ um einen Drehtermin und strahlte auch einen Bericht darüber aus, wie das Boot. mit den Kameraden Hauke und Brügmann besetzt und von einem Elektroboot gezogen, einige Runden bei herrlichem Wetter vor dem Dom drehte. Anläßlich eines bevorstehenden Kommandowechsels bei der 3. Division des Landungsbootgeschwaders trafen der Divisonsoffizier KptLt. Böhm und sein Nachfolger OLt. z.S. Boden am 13. September zu einem Besuch in der Patenstadt ein. Aus diesem Grund fand ein Empfang im Rathaus statt. Vom Marineverein aus nahmen die Kameraden Hauke, Holler, Rohweder und Brügmann teil. Bei dieser Gelegenheit wurde das Patenschaft Verhältnis gelobt, Grund und Termin des Kommandowechsels besprochen und die Auflösung des ganzen Landungsgeschwaders angekündigt. Aus diesem Grunde konnte das Partnerschaftsverhältnis ohnehin nur noch von kurzer Dauer sein. Es sollte also bis zu diesem Zeitpunkt weitergepflegt werden, um es dann auslaufen zu lassen. Ein gemeinsames Mittagessen im Bordlokal rundete das Treffen harmonisch ab. Abends fand der Bordabend mit 15 Kameraden statt.

Der im September des Vorjahres für den Ablauf des Jubiläums gewählte Festausschuss hatte für den 22. September einen Marineball in Wittlers Hotel vorgesehen, der dort auch wohl vorbereitet stattfand. Nach der Begrüßung gab Kamerad Brügmann einen kurzgefassten Rückblick durch die Vereinsgeschichte. Der Landesvorsitzende, Kamerad Walter Martens, überbrachte anschließend die Grüße des Landesverbandes und wünschte dem Verein ein erfolgreiches Weiterbestehen. Nach einer Darbietung des RSV-Spielmannszuges, nach einer Tanzgymnastik junger Damen unter Leitung von Gertrud Herbert, spielte eine Kapelle zum Tanz auf, wobei sich Mitglieder und Gäste bis nach Mitternacht köstlich vergnügten, und so das Jubiläumsjahr feierlich und offiziell beendeten.

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